Anlässlich des Welt-Autismus-Tages am 2. April – Pressemitteilung der Lebenshilfe NRW

Bedürfnisse von Menschen mit Autismus werden zu wenig gesehen

Hürth, 28.03.2024 | Der Welt-Autismus-Tag ist eine Gelegenheit, das Bewusstsein für die Bedürfnisse von Menschen mit Autismus zu schärfen und auf die Herausforderungen hinzuweisen, denen sie und ihre Familien täglich gegenüberstehen. Als Lebenshilfe NRW möchten wir auf einige dringende Anliegen aufmerksam machen:

1. Wohnsituation:

Die angespannte Wohnsituation für Menschen mit Autismus ist ein akutes Problem. Viele von ihnen haben Schwierigkeiten, geeignete Wohnplätze zu finden, die ihren individuellen Bedürfnissen gerecht werden. Wir fordern eine verstärkte Investition in barrierefreie Wohnmöglichkeiten, die auf die spezifischen Anforderungen von Menschen mit Autismus zugeschnitten sind. Gesetzgeber und Kostenträger muss klar sein, es braucht gerade für diese Personengruppe echte personenzentriert und bedarfsgerechte Leistungsschlüssel, um ihren individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Hier müssen die Wohngruppenmodelle von acht oder sechs Personen überdacht werden, selbst in diesen Kleingruppen können Situationen entstehen, die gerne für alle Beteiligten zu vermeiden sind. Hier muss noch kleinteiliger gedacht werden.

Ebenso braucht es einen anderen Personalmix und bedarfsgerechte Stellenschlüssel in den Wohnangeboten für Menschen mit Autismus, die höher ausfallen müssen, um eine angemessene Begleitung gemäß den individuellen Bedürfnissen zu gewährleisten. Dazu gehören zwingend auch Psychologen oder Psychotherapeuten. Die Arbeit mit den Menschen mit Autismus ist für das Personal mit besonderen Herausforderungen verbunden. Dazu braucht es regelmäßige und gute Fortbildungen. Diese müssen ausreichend refinanziert werden – sowohl die Fort- und Weiterbildung selbst als auch das Personal, welches einspringen muss, wenn eine Fortbildung wahlgenommen wird. Nur mit gut und regelmäßig geschultem Personal ist die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention für Menschen mit Autismus gewährleistet.

2. Arbeiten

Werkstätten für Menschen mit Behinderung sind wichtige Orte der Teilhabe. Dennoch müssen wir anerkennen, dass nicht alle Menschen mit Autismus in Werkstätten optimal aufgehoben sind. Die Werkstätten in NRW benötigen bessere Möglichkeiten auf die Bedürfnisse der Menschen mit Autismus einzugehen, dazu zählen beispielsweise mehr reizarme Arbeitsplätze. Einige Menschen mit Autismus jedoch benötigen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, die besser zu ihren Fähigkeiten und Interessen passen. Wir fordern eine vielfältigere Palette von Arbeitsmöglichkeiten, um die individuellen Stärken und Talente der Betroffenen zu berücksichtigen.

3. Schulische Situation

Jugendliche und Kinder mit Autismus stehen vor besonderen Herausforderungen im schulischen Umfeld. Wir setzen uns für inklusive Bildung ein, die auf die unterschiedlichen Lernstile und Kommunikationsbedürfnisse von Schüler:innen mit Autismus eingeht. Lehrkräfte sollten speziell geschult werden, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden. Schulen – ob Regelschule oder Förderschule – müssen bessere Rahmenbedingungen bekommen, um auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler:innen mit Autismus einzugehen und ihre Fähigkeiten zu fördern.

4. Nach dem 18. Lebensjahr

Die Unsicherheit, denen Eltern und Geschwister von Menschen mit Autismus und ihre erwachsenen Kinder nach dem 18. Lebensjahr ausgesetzt sind, ist 15 Jahre nach Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention nicht weiter hinnehmbar. Wenn bundesweit kaum ein Wohnplatz für erwachsene Menschen mit Autismus zu finden ist, läuft dramatisch etwas falsch. Der Übergang vom Jugendlichen hin in das System der Erwachsenen gestaltet sich mehr als schwierig. Dringen werden bessere Übergangslösungen benötigt. Wir fordern deshalb eine bessere Planung und Unterstützung für den Übergang ins Erwachsenenalter, um die Zukunft dieser jungen Menschen zu sichern und die enorme Ungewissheit der Angehörigen in diesen Situationen zu lindern.
Unsere Gesellschaft muss sich stärker für die individuellen Bedürfnisse von Menschen mit Autismus einsetzen. Gemeinsam können wir eine inklusive und unterstützende Umgebung schaffen, in der alle Menschen die Möglichkeit haben, ihr volles Potenzial zu entfalten.

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