Down ist in – nicht out!

Bluttests auf Trisomien als Kassenleistung wären ein Schlag ins Gesicht für Menschen mit Down-Syndrom
Fachverbände fordern eine Debatte über die ethischen Folgen

Berlin. Zur Orientierungsdebatte im Deutschen Bundestag am 11. April zu Bluttests auf Trisomien fordern die Fachverbände für Menschen mit Behinderung, der Gefahr der Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung entschieden entgegenzutreten.

Aktuell berät der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, ob und wann Bluttests auf Trisomien in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden sollen. Dazu halten die Fachverbände für Menschen mit Behinderung fest: Eine Regelfinanzierung von Bluttests ohne medizinische Indikation widerspricht den Prinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung – dies wäre aber ein verheerendes Signal für die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung. Gerade im zehnten Jahr nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland ist es dagegen staatliche Aufgabe, für die Wertschätzung von Menschen mit Behinderung und ihren Beitrag zur Gesellschaft einzutreten, statt diese auszugrenzen und zu diskriminieren.

Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung sprechen sich entschieden für das Lebensrecht aller Menschen sowie für eine verbesserte Verzahnung von ärztlicher und unabhängiger psychosozialer Beratung aus. Gesellschaftlichen Bestrebungen der Selektierung menschlichen Lebens ist entschieden entgegenzutreten. Stattdessen braucht es intensive Debatten über die ethischen und politischen Folgen solcher Entwicklungen.

Warum haben viele Menschen
so große Angst vor dem Down-Syndrom?

Der Bundestag debattiert am 11. April über die ethischen und gesellschaftlichen Folgen von vorgeburtlichen Bluttests auf Down-Syndrom. Die Lebenshilfe will verhindern, dass diese Test zur Regeluntersuchung in der Schwangerschaft werden.

Berlin. „Warum haben viele Menschen so große Angst vor dem Down-Syndrom?“ Das fragt Sebastian Urbanski, der selbst seit 40 Jahren mit diesem Gendefekt lebt. Der Berliner ist Schauspieler und Mitglied im Bundesvorstand der Lebenshilfe. Vom Deutschen Bundestag erhofft er sich am kommenden Donnerstag breite Unterstützung für sich und alle anderen Menschen mit Down-Syndrom – auch für diejenigen, die zukünftig nicht mehr auf die Welt kommen sollen. Denn darum geht es am 11. April, ab 9 Uhr, im Parlament: Die Abgeordneten debattieren über die ethischen und gesellschaftlichen Folgen von vorgeburtlichen Bluttests, die bei einem positiven Befund auf Down-Syndrom in den allermeisten Fällen zur Abtreibung des Kindes führen. Sebastian Urbanski, die Lebenshilfe und viele weitere Organisationen wollen verhindern, dass diese Tests gesetzliche Kassenleistung und damit zur Regeluntersuchung in der Schwangerschaft werden.

Mit den Tests, die seit 2012 auf dem Markt sind, kann systematisch nach dem Down-Syndrom – auch Trisomie 21 genannt – und weiteren Chromosomen-Veränderungen gefahndet werden. „Sie werden als großer Fortschritt angepriesen, weil nur das Blut der schwangeren Frau untersucht und dadurch das Kind erst einmal nicht gefährdet wird“, so die Lebenshilfe-Bundesvorsitzende Ulla Schmidt, MdB. Aber die Bluttests hätten gar keinen therapeutischen Nutzen, es gehe nicht darum, eine Krankheit zu behandeln, kritisiert die frühere Gesundheitsministerin. „Die Tests schaffen nicht einmal endgültige Klarheit darüber, ob tatsächlich eine Trisomie 21 vorliegt. Etwa jedes fünfte Ergebnis ist fehlerhaft, die Frauen erwarten gar kein Kind mit Down-Syndrom. Je jünger die Frau ist, umso höher die Fehlerquote. Darum müssen zur Bestätigung weitere Untersuchungen folgen, zum Beispiel eine Fruchtwasseruntersuchung.“

Mit den neuen Methoden der Pränataldiagnostik gerieten Eltern von Kindern mit Behinderung immer stärker unter Rechtfertigungsdruck. „Hättet ihr das nicht wissen und verhindern können“, müssen sich Familien mit einem behinderten Kind immer wieder sagen lassen. Daher müsse der Bundestag ein klares Signal an die Gesellschaft senden: Menschen mit Behinderung sollen willkommen sein und die Hilfe erhalten, die sie und ihre Angehörigen für ein gelingendes Leben brauchen. Sebastian Urbanski sagt: „Ich lebe gerne und habe viel Freude am Leben. Ich bin glücklich, weil ich mich als Teil der Gesellschaft fühle und einfach dazu gehöre. Manchmal brauche ich zwar etwas mehr Unterstützung, aber die braucht ja jeder mal.“

Rund um den Tag der ethischen Orientierungsdebatte im Bundestag fordert die Lebenshilfe im Bündnis mit 26 weiteren Organisationen zu deutschlandweiten Aktionen auf, mit denen die Perspektive von Menschen mit Behinderung und ihrer Familien deutlich werden soll: Ein Leben mit Down-Syndrom kann so glücklich und erfolgreich sein wie jedes andere auch. Darüber hinaus wollen Menschen mit Down-Syndrom und ihre Familien die Bundestagsabgeordneten in ihren Bürgersprechstunden besuchen und darauf aufmerksam machen, welche Folgen eine breite Anwendung der Bluttests haben kann – für Menschen mit Down-Syndrom wie für die Gesellschaft insgesamt.

Link zu den Argumenten und Aktionen gegen die Bluttests auf Down-Syndrom (Kampagne #12:21 Down ist in – nicht out!):

https://www.lebenshilfe.de/mitmachen/kampagnen/1221-trisomie-bluttest/

(Stand: 10.04.2019)

zurück zu Aktuelles

Lebenshilfe Herford e. V. | Ackerstraße 31 | 32051 Herford | Tel. 05221 9153 0 | info@lebenshilfe-herford.de